Ich habe ein Problem mit Gewohnheiten, Routinen und Alltag.
Als abenteuer- und freiheitsliebender Mensch fühlt sich der Begriff “Routine“ automatisch wie ein Gefängnis an. (… das klingt bescheuert, ich weiß.)
Lange Zeit redete ich mir jedoch ein, dass feste Routinen mir wichtig sind: Immer zur selben Zeit aufstehen, zur Arbeit fahren, dieselben Tätigkeiten ausführen wie jeden Tag, pünktlich um 17 Uhr Feierabend zu machen und sich am immer gleichen Abendprogramm erfreuen (= Netflix. Youtube. Prime. Ähem.).
Dementsprechend bin ich jahrelang in Jobs festgesessen, die immer ähnliche Arbeitszeiten hatten, habe die selben Hobbys verfolgt und… mich insgeheim gelangweilt.
Im Nachhinein ist mir klar: Ein gewohnter Alltag ist zwar nett, aber eigentlich nur eine Ausrede gegenüber mir selbst und dem stetigen Gefühl, versagt zu haben, weil ich nicht selbstbestimmt leben und arbeiten konnte.
Mir ist klar, dass es mir deshalb so schwerfällt, eine Routine dauerhaft beizubehalten und meine schlechten Gewohnheiten zu ändern.
Aber um eben genau dieses selbstbestimmte Leben führen zu können und langfristig voranzukommen, sind Gewohnheiten entscheidend.
… Sehe ich da ein paar Hände? Geht’s dir ähnlich? ?
First forget inspiration. Habit is more dependable. Habit will sustain you whether you’re inspired or not. [It] will help you finish and polish your stories. Inspiration won’t. Habit is persistence in practice.
– Octavia E. Butler
Manchmal ist man bereits so dermaßen routiniert (= sprich, im Alltagstrott drin), dass bestimmte Dinge wie von selbst laufen. Eine praktische Sache. Eigentlich.
Ich finde das manchmal ganz schön unheimlich. Bestes Beispiel: Auto fahren. Wie oft steige ich in meinen Wagen, starte den Motor…. Und komme an mein Ziel, ohne die Fahrt wirklich wahrgenommen zu haben.
Warum gibt es Gewohnheiten überhaupt – und weshalb fällt es uns so schwer, sie zu durchbrechen?
Eine Gewohnheit/Routine ist nichts anderes als ein Automatismus, der gewisse Vorgänge erleichtern soll.
Wir sind es gewohnt, zu atmen. Am Morgen aufzustehen, Zähne zu putzen, Haare zu kämmen, usw.
Durch das Wiederholen gewisser Vorgänge beginnt sich eine Routine in dein Unterbewusstsein einzuschleichen. Das passiert unbewusst und schafft Platz für andere, wichtigere Gedanken.
Stell dir vor, du müsstest beim Autofahren jedes Mal überlegen, welcher Schritt als nächstes kommt. Einsteigen, anschnallen, Motor starten, Gang einlegen, Gas betätigen, usw.
Super nervig und zeitraubend.
Dank deiner Gewohnheiten, geschehen diese Vorgänge von allein und du kannst dich anderen Dingen widmen, z.B. einem Problem, das dich beschäftigt, einem Telefonat oder der Planung des Abendessens.
Da steckt allerdings auch der Hase im Pfeffer.
Denn gewisse Gewohnheiten tun uns nicht gut. Dein Unterbewusstsein unterscheidet nicht zwischen “Diese Gewohnheit ist wichtig, weil sie mein Überleben sichert oder für mehr Effizienz sorgt.” und “Diese Gewohnheit ist schlecht, weil sie mich von meiner persönlichen Weiterentwicklung abhält.”
Deshalb ist es nötig, die eigenen Gewohnheiten/Routinen zu überdenken und gegebenenfalls anzupassen.
Gewohnheiten ändern, festigen und auflösen: Von hinten nach vorne
Ich habe für mich festgestellt, dass es mir leichter fällt, eine negative Gewohnheit zu identifizieren und zu verändern, wenn ich rückwärts vorgehe.
Vielleicht hilft auch dir diese Methode.
1. Zielfindung
Es muss ja einen Grund geben, warum du an deinen Gewohnheiten arbeiten willst. Was willst du denn eigentlich erreichen?
Nehmen wir mich als Beispiel – mein Ziel ist es, wieder zu einem bewussteren, gesünderen Lebensstil zu finden.
Das will ich durch meine Morgenroutine erreichen. Der Morgen war dank meiner Morgenroutine die schönste Zeit meines Tages und hat dafür gesorgt, dass ich mich jeden Tag aufs Aufstehen freute. Bis ich vor ein paar Wochen auf einen Schlag damit aufgehört habe. Kein Yoga mehr, keine Meditation; stattdessen direkt an den PC.
Mein Ziel ist also, meine Morgenroutine wieder in meinen Alltag zu integrieren.
Ein klar definiertes Ziel zeigt die Fahrtrichtung für deine neue Gewohnheit an.
2. Die neue Gewohnheit festlegen
Du weißt, wo du hinwillst.
Nun entscheide, was die neue Gewohnheit ist, mit der du dieses Ziel erreichen kannst!
Um meine Morgenroutine wieder auf Vordermann zu bringen, habe ich die einzelnen Bestandteile aufgeschrieben:
- 3 Dinge notieren, für die ich dankbar bin
- 3 To Dos für den Tag festlegen
- 1 Kapitel Lesen
- Morgenseiten schreiben
- 1 h am Morgen an meinem „Herzensprojekt“ arbeiten
- 30 – 60 Min. Yoga und Meditieren
- 10 Min. aufräumen
3. One Step at a time… oder?
Jeder Guide, jedes Buch wird dir sagen, dass du dir eine Gewohnheit nach dem Anderen vornehmen sollst.
Ist die eine etabliert, beginne mit der nächsten. Macht auch vollkommen Sinn, denn sich über Nacht um 180 Grad zu ändern – hat noch niemand geschafft. Egal, was man so erzählt. 😉
Action comes from motion.
Lege deine zukünftige neue Gewohnheit zwischen zwei alte Routinen, die immer nacheinander und am besten zur selben Zeit stattfinden.
z.B. Du willst ein Glas Wasser am Morgen trinken? Dann lege dir diesen neuen Habit z.B. nach dem Toilettengang und vor dem Zähneputzen. Es wird dir leichter fallen, diesen neuen Schritt zur Routine zu machen, wenn er zwischen zwei feste, alte Routinen fällt.
Das funktioniert z.B. auch, wenn du Medikamente nehmen musst.
Mein erster großer Fehler war also, mir zu viel vorgenommen zu haben. „One step at a time“ ging mir nämlich zu langsam.
„Wenn schon, denn schon“, dachte sich Chrissi und änderte ab sofort ihre Morgenroutine.
Well… Du kannst dir bestimmt denken, wie lange ich das durchgezogen habe (2 Tage).
Zu viel auf ein Mal ändern zu wollen, wird dich höchstwahrscheinlich überfordern und dann demotivieren. Aufgeben vorprogrammiert.
Aber – vielleicht klappt für dich ja das, was auch für mich gut funktioniert.
Sich eine Sache vornehmen – zu wenig.
Sich zu viel vornehmen – Überforderung.
Wie wäre es stattdessen mit dem Mittelweg: 2 – 3 neue Gewohnheiten am Stück verinnerlichen?
Was sich für dich gut anfühlt, ist der richtige Weg.
Gewohnheiten ändern heißt, die Routine immer durchziehen
Eigentlich logisch. Vielleicht hast du bereits gelesen, dass man seine neue Gewohnheit eine bestimmte Anzahl an aufeinanderfolgenden Tagen durchziehen muss. Die Quellen sind unterschiedlich – mal heißt es, 21 Tage, mal 30, mal 60.
So schön es wäre, sagen zu können „Ich muss 30 Tage durchhalten, dann hat sich diese Routine voll in mein Leben integriert“.
Anstatt dich auf eine Zahl zu fixieren und am Ende enttäuscht zu sein, fokussiere dich lieber darauf, deine neue Routine jeden Tag zur selben Zeit durchzuführen.
Gewohnheiten ändern: 2 weitere Methoden, die dich dabei unterstützen
Neue Gewohnheiten einführen mit dem KISS-Prinzip
Das KISS-Prinzip steht für “Keep It Simple and Stupid” – halte die Schritte so einfach wie möglich.
Stell dir vor, du müsstest einen Vortrag halten. Dein Thema? Für Laien nicht gerade verständlich. Also versuchst du, es in möglichst einfachen Worten widerzugeben und nachvollziehbare Beispiele einzustreuen – so, dass es am Ende jeder versteht. Genau das ist das KISS-Prinzip. Möglichst einfach und für jedermann nachvollziehbar.
Ursprünglich kommt KISS aus der (Web-)Design-Branche und steht für die Wichtigkeit eines simplen, cleanen Designs und Nutzerfreundlichkeit.
… ich konnte mich damit nie so recht anfreunden. Als Fan von opulenten, außergewöhnlichen Designs bin ich schon immer danach gegangen, was MIR gefällt, anstatt dem, was Web 3.0 vorgibt.
So kann man aber keine Website verkaufen.
Und so habe ich mich bei einem Auftrag vor ein paar Wochen wieder an dieses Prinzip erinnert. Diesmal musste nämlich ich meinen Kunden überzeugen, dass „weniger mehr ist“ und „wir an die Besucher denken müssen“.
Keep it simple and stupid.
Übertragen auf die Integration von neuen Gewohnheiten, tust du dir mit dem KISS-Prinzip selbst einen Gefallen, indem du die Vorgaben so einfach wie möglich hältst.
Lass es nicht unnötig kompliziert werden.Halte deine neue Routine so simpel und so einfach umsetzbar wie nur möglich.
Die Magie dabei? Deine neue Gewohnheit wird so „unbedeutend“ und tut überhaupt nicht weh, dass du gar nicht anders kannst, als sie ab sofort durchzuziehen.
Kaizen – Eine Minute am Tag, um Gewohnheiten zu festigen
Okay okay. Schuldig. Für japanische Weisheiten bin ich immer zu haben.
Ob es das Ikigai-Prinzip ist oder die Technik, die ich dir heute vorstelle.
Kaizen
Auf die Kaizen Methode hat mich MyMonk gebracht.
Kai bedeutet Veränderung; Zen steht für eine Art der Meditation und Entspannung.
Das Kaizen Prinzip soll bewirken, dass kein Tag ohne Verbesserungen vergeht. Entwickelt hat es der Japaner Masaaki Imai ursprünglich für Unternehmen und Konzerne. Kaizen lässt sich aber genauso gut auf einzelne Personen anwenden.
Das Prinzip? Eine Minute der neuen Gewohnheit nachgehen. Nur eine Minute lang. Nicht mehr, nicht weniger. 60 Sekunden oder – 1 Minute aus 1.440 Minuten. Der Bruchteil eines Tages.
Super einfach und sogar für jemanden wie mich, der gerne faul ist, umsetzbar.
Auch wenn ich gerade auf Reisen bin, diese eine Minute am Tag kann ich leicht aufbringen. Eine Minute, um mal kurz innezuhalten. Oder um kurz Dankbarkeit zu üben.
“30 Minuten habe ich nicht übrig!” ist mit Kaizen jedenfalls keine Ausrede mehr.
Was machst du in dieser einen Minute?
Zusammenfassung: So kannst du alte Gewohnheiten ändern und neue Routinen in deinen Alltag integrieren:
• picke dir die gewünschte Anzahl an Habits aus, die du in den nächsten Wochen umsetzen möchtest
• nimm dir nicht zu viel vor! Eine Gewohnheit ist besser als zehn!
• plane genau, wann du sie einbaust
• setze sie täglich zur selben Zeit um (erinnere dich z.B. mithilfe einer App oder einem Zettel am Badezimmer-Spiegel daran; solange, bis du von selbst dran denkst)
• dein Ziel sollte nicht sein, die neue Gewohnheit innerhalb eines gewissen Zeitraumes zu etablieren, sondern täglich und langfristig
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