Der Konjunktiv: Ich ändere meine Schreib – (und Denk!)weise
Liebe Leserin, lieber Leser.
Ich würde dich heute gerne über Thema informieren, das möglicherweise auch für dich wichtig sein könnte – also, nur, wenn es dir nichts ausmacht.
Warum du den Konjunktiv aus deinem Wortschatz streichen sollst
(Wenn ich den Anfangssatz so ansehe, ist das dringend nötig. Dringend.)
Ich hatte da einen Lehrer. Herr F. war einer meiner Lieblinge an der Berufsschule. Er unterrichtete u.a. kaufmännische Büroorganisation, sprich Serienbriefe, DIN-Normen und die WENN-DANN-Formel in Excel – die ich längst wieder vergessen habe.
Wir hatten unsere Probleme, bzw. er hatte sie mit meinen Schachtelsätzen in Geschäftsbriefen und Aufsätzen. Mir war das aber egal. Denn ich mochte (und mag!) meine Art zu schreiben und behielt es bei.
Eine Sache gab es da allerdings, die er mir beibrachte und die ich immer noch als unheimlich wichtig erachte.
Verbanne den Konjunktiv aus deinem Sprachgebrauch!
Hätte würde sollte möchte könnte.
Weg damit.
Kein “ich könnte dir helfen” mehr.
Kein “ich würde ja gerne”.
Kein “ich möchte Ihnen mitteilen”.
Möchte ich oder TUE ich das nicht gerade?
Würde ich oder WERDE ich?
Könnte ich oder KANN ich/kann ich nicht?
Diese Sätze waren eine Art Augenöffner für mich.
Egal ob in geschäftlichen E-Mails oder im Gespräch mit Freunden. Möglichst kein Konjunktiv mehr.
Denn seien wir ehrlich, wir wissen doch meist schon, ob wir können oder nicht; ob wir wollen oder nicht.
Ich habe da nämlich auch einen Kollegen. Mitte 50, super kompetent, zudem super nett.
Trotz dem, dass er über ein enorm großes Fachwissen verfügt, hapert es hin und wieder an der Grammatik. Wir haben uns diesbezüglich aber ganz gut arrangiert.
So lässt er mich seine E-Mails und wichtigen Schriftverkehr immer Korrektur lesen. Der Rechtschreibfreak in mir freut sich und er sich ebenfalls, wenn alle Fehler ausgebessert wurden.
Nun ist er jemand, der den Konjunktiv immer verwendet.
Und ich, die 30 Jahre jüngere Kollegin, weise ihn regelmäßig darauf hin, nicht “wir möchten Sie bitten”, sondern “wir bitten Sie” zu schreiben.
Wir arbeiten seit einem Jahr daran und er kriegt den Konjunktiv nicht aus seinem Kopf.
Woran liegt das?
Möchten wir höflich sein?
Wollen wir nicht mit der Tür ins Haus fallen?
Haben wir Angst, unhöflich rüberzukommen, wenn wir zu direkt sind? Oder fühlen wir uns zu fordernd?
Es ist eine Mischung aus allem.
Der Konjunktiv ist eine wunderbare Art, sich vage auszudrücken. Oder, lass es mich drastischer formulieren: sich vor einer konkreten Aussage zu drücken.
Im Duden wird diese Weise, sich auszudrücken, folgendermaßen erklärt:
Kọn·junk·tiv
Substantiv [der]
ein Modus des Verbs, die Möglichkeitsform (die man beispielsweise in der indirekten Rede verwendet).
Ich gehe nun nicht weiter auf Konjunktiv I und II ein, denn das würde zu weit führen.
Natürlich möchte kaum jemand ein unhöflicher mit-der-Tür-ins-Haus-Faller sein. Ich auch nicht. Ich versuche immer, möglichst nett zu sein, selbst, wenn ich jemandem eine Absage erteilen muss.
Aber man kann auch höflich, nett und zuvorkommend sein, indem man klare Aussagen trifft und sich nicht im Wischi-Waschi-Konjunktiv ausdrückt.
Tja – und wie kriege ich den Konjunktiv nun los?
Wenn du selbst gerne den Konjunktiv verwendest, versetze dich einmal in deinen Gegenüber (egal ob in einem persönlichen Gespräch, am Telefon oder per E-Mail).
Hand aufs Herz, wir wissen beide, was die Antworten sind.
Durch genaue Aussagen lässt sich eben einfach besser planen und schneller entscheiden.
Zudem wird dir jeder dankbar sein, wenn du konkrekte Ansagen machst.
Sei es nur, ob du einen Salat für die nächste Firmen-Grillfeier mitbringst oder nicht.
Wirklich ganz auf den Konjunktiv verzichten?
Komplett verzichten? Nein.
Hin und wieder ist die Verwendung der Möglichkeitsform in Ordnung.
Nämlich dann, wenn du einfach noch nicht weißt, wie sich eine Situation entwickelt.
Beispielsweise kannst du heute noch nicht sagen, ob du am Sonntag in einer Woche wandern gehst, oder nicht. Spielt das Wetter mit, gehst du vermutlich. Regnet es, wohl eher nicht.
Buchst du die Reiserücktrittsversicherung für den Spanien-Trip in fünf Monaten mit oder nicht? Du könntest krank werden, es kann aber genauso gut alles in Ordnung sein.
Dies sind Zustände, in denen der Konjunktiv meiner Meinung nach vollkommen gerechtfertigt ist.
Ich handhabe es derzeit so:
- Im Schriftverkehr verwende ich diese Zeitform überhaupt nicht mehr – außer, es passt als Stilmittel (wie z.B. in diesem Blogpost).
- Auch im Berufsleben verzichte ich darauf. In E-Mails und Geschäftsbriefen sowieso, aber auch am Telefon, soweit es geht.
Was mir noch schwer fällt: Die Sprache. In meinem Dialekt (bayerisch) besteht gefühlt der gesamte Wortschatz aus könnte-würde-täte. Meist merke ich nicht einmal, dass ich schon wieder “Ich könnte ja…” gesagt habe.
Wie nimmst du den Konjunktiv in deiner Sprache/deinem Dialekt wahr? Ist er ähnlich alltäglich wie im Bayerischen?
Egal, ob man nun Grammatik-Freak ist oder nicht – in unserer Gesellschaft wird viel zu oft viel zu vage kommuniziert. Weil es der einfachere Weg ist, der niemanden vor den Kopf stößt.
Dabei würden (hier passt es! :)) gerade klare, ehrliche Aussagen unser Miteinander viel unkomplizierter machen.
Selbst, wenn du kurz angefressen bist, weil du mit dem “Nein, ich kann dir nicht helfen” als Antwort nicht gerechnet hast.
Haken drunter machen, jemand anderen fragen. Vielleicht kann genau diese andere Person dir umso besser weiterhelfen.
Und du weißt, woran du bist.
Gehörst du auch zu den Verwendern des Konjunktiv?
Ist es dir egal oder findest du es auch besser, darauf zu verzichten?
Suzaku says
Ein sehr interessanter Artikel! =D
Um ehrlich zu sein, habe ich nie wirklich darauf geachtet, wann ich in meinem Alltag denn überhaupt mit Konjunktiv antworte und wann nicht. Ich glaube aber, dass ich im E-Mail Verkehr nie mit dem Konjunktiv antworte, sondern immer, wie du es bei deinem Kollegen schon berichtigt hast ,,Wir bitten Sie” bzw. ,,Ich bitte Sie darum…” zu schreiben.
Ist ja glaube ich auch fast wie bei Sachen, die man vorhat, aber dann doch tagelang aufschiebt. Wie ,,Demnächst werde ich wieder mit der Theorie anfangen!” Kann ich eigentlich noch so groß betonen, machen tu ich es dann doch nicht, weil entweder keine Zeit oder keine Lust XD
Freue mich schon auf weitere Artikel, deinen Blog öffne ich nun eigentlich fast schon täglich, immer um zu sehen, ob es was neues gibt. 😀
Chrissi says
Vorbildlich, Suzaku! 😀 Manche mögen es unhöflich finden, wenn man so direkt ist, aber es ist nur eine E-Mail. Je kürzer und genauer ist schreibe, was ich will, desto besser.
Ja genau, selbst bei solchen alltäglichen Dingen macht man das viel zu gerne. Hauptsache, sich vage ausdrücken. Mehr als sich selbst belügen passiert dabei nicht.
Vielen Dank! <3
Kintaro says
Hmm, ich hab ehrlich gesagt auch nie darüber nachgedacht. Ich schreibe auch meistens nie Emails, und wenn dann sind’s nur mit Profs wo ich einfache Termine ausmache. Da bin ich einfach direkt: ja ich kann, ja ich kann nicht. Oder: Hätten Sie Zeit? Das war’s aber auch schon, grob gesagt :’)
Im Sprachgebrauch (ich rede Hochdeutsch, und tu mich meistens schwer mit anderen Dialekten, wenn diese zu sehr abweichen) rede ich eigentlich kaum im konjunktiv, wenn ja dann beabsichtigt. Aber sonst fällt mir da auch nichts ein, außer es ist so unbewusst, dass ichs gar nich mehr merke… xD
Chrissi says
Interessant – vielleicht ist das wirklich der Rechtschreib- und Grammatik-Freak in mir, dem das so auffällt.
Deine Mails mit den Profs sind aber ein gutes Beispiel. Da fasst man sich ja auch kurz und deutlich, damit es zu keinen Missverständnissen kommt. Du verzichtest scheinbar instinktiv auf den Konjunktiv. ^^
Im Hochdeutschen ist es einfacher, das stimmt!
Danke für deinen Kommentar!