Aufschieberitis #2
– Ein Update zur Prokrastination
Selbsterkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung
– nie war ich mir dieser Aussage so bewusst wie jetzt.
Die Augen geöffnet hat mir ausgerechnet ein Vorstellungsgespräch.
Deshalb wird es Zeit für ein Update in Sache Prokrastination.
Here we go: Aufschieberitis, part 2.
Wie Chefs das mit der Prokrastination finden
Im Mai diesen Jahres suchte ich mir einen Nebenjob.
So ein kleines “Fuck-Off”-Polster fürs Konto schwebte mir schon lange vor, jedoch war ich nie aktiv auf der Suche. Eine 40-Stunden-Stelle plus diverse zeitaufwändige Hobbys…
Wenn es nicht akut wird, prokrastiniert man. Ähem.
Aber spulen wir ein wenig weiter zurück.
Bevor ich diesen Nebenjob überhaupt bekam, erlebte ich ein Vorstellungsgespräch, welches mir einen richtigen Motivations-Kick versetzt hat. Mit Schmackes. And I liked it.
Nun gut; das war, nachdem ich klatschnass 20 Minuten zu spät am vereinbarten Ort eingetroffen bin, weil ich den Eingang nicht fand. Hach ja.
Bei meiner Bewerbung war ich mutig.
Da es “nur” um eine Home-Office-Arbeit ging, probierte ich mich ein wenig aus – setzte den Lebenslauf grafisch um, packte ein paar bayerische Sätze mit hinein und… gab auch die URL von ZENtreasures mit an.
Einmal abgeschickt, gefreut – und dann schlagartig ernüchtert worden: Denn diesen Beitrag wird wohl kein Personaler gerne lesen.
Aber für die Dauer der Bewerbungsphase offline setzen? Wollte ich auch nicht.
Wenn man mich wegen ein weeeenig Disziplinlosigkeit und Aufschieberitis ablehnen würde, war es eben so. Verdrängungstaktik, aktiviert!
Man kann sich viel einreden. Ich besonders.
Eine Offenbarung – im Jobinterview!?
Um auf mein unpünktliches, tropfnasses Ich zurückzukommen: Natürlich sprach der Firmenchef mich auf diesen Blog an. Natürlich sprach er mich auf genau diesen Beitrag an.
Aber was er sagte, war so gar nicht das, was ich mir in diversen Angstträumen (nunja, fast) ausgemalt hatte.
Im Gegenteil.
Er hielt mich für mutig.
Und erwähnte genau das, was ich eingangs schon zitierte:
Selbsterkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung
Ich war baff.
Von dieser Perspektive aus hatte ich die Sache noch nicht betrachtet.
Eigentlich ist es logisch. Aber der Wald und die Bäume, nicht wahr?
Wenn man sich eingesteht, das man ein Problem hat, kann man daran arbeiten.
Kann es besser machen und vielleicht sogar irgendwann aus der Welt schaffen.
Das war genau der Kick, den ich brauchte. Die Stelle habe ich übrigens bekommen.
Kopf vs. Herz
So klischeehaft es klingt: Dein Kopf mag vielleicht oft Recht haben, aber die Wahrheit steckt in deinem Herzen; im Bauchgefühl.
Tatsächlich höre ich inzwischen mehr in mich rein. Und merke deutlich: Dieser Kopf; diese kleine fiese Stimme darin, veräppelt mich. Die ganze Zeit.
Sie sagt mir Dinge wie “Ach komm, das hat doch noch bis zum Wochenende Zeit.”
“Denk nur daran, wie anstrengend das wird… du bist doch ohnehin so müde. Und eine Blase hast du auch. Nicht, dass die schlimmer wird.”
Sie scheint besorgt.
Glaub mir, unzählige Mal bin ich bereits darauf reingefallen.
Ja, ich habe deshalb auch schon Wanderungen abgesagt. Reisen oder Einladungen ausgeschlagen.
Und mich danach unheimlich geärgert.
Diese Kopfstimme stelle ich mir übrigens als Hyäne vor. Als eine hungrige Hyäne.
Sie tritt nur zum Vorschein, wenn es um Ausbrüche aus dem Alltag geht; wenn sie raus aus der Comfort Zone soll.
Vorher wartet sie geduldig, bis ich etwas Neues/Anderes plane – also quasi bis jemand Beute reißt. Sobald die Beute, bestehend aus einem neuen Gedanken wie “Ich melde mich jetzt für den Pilates-Kurs an!”, am Boden liegt, pretscht sie los und schlägt ihre Zähne hinein.
Pilates ist wehrlos dagegegen.
… Ja, ich finde, der Vergleich passt.
Herz gewinnt
Seitdem ich weiß, dass ich diese Gedanken einfach zulassen muss – und trotzdem das tue, was mein Herz will, drängt das auch die Prokrastination in den Hintergrund.
Die Hyäne ist plötzlich unsicher; traut sich nicht mehr recht heran.
Denn da ist ein Löwenherz, das die Beute aus neuen Erlebnissen und Veränderungen für sich will.
Immer öfter siegt das Herz über den Kopf.
Seit ich mehr in mich hineinhorche, fällt es mir leichter, den Kopf auszuschalten und stattdessen das Bauchgefühl zu Wort kommen zu lassen.
Das Herz verstehen – lerne, in dich hineinzuhorchen
Wie soll das gehen? In mich hinein horchen? Das spüren, was mein Herz/mein Bauchgefühl will?
Die schlechte Nachricht: Es gibt keine Methode; kein Rezept, um besser auf deinen Bauch zu hören.
Die Gute: Weil es kein Rezept gibt, kann es jeder. Du auch, versprochen.
Was fühlt dein Herz, wenn dein Kopf wieder quer schießt?
Mir hilft es, darauf zu achten, wie ich mich fühle, wenn die Kopfstimme wieder lockt.
Probier‘ es aus:
Spürst du Erleichterung bei dem Gedanken an eine Veränderung/ein anstehendes Erlebnis? Oder sogar Bedauern? Dann hat sie wohl recht und dir ist es offiziell erlaubt, es zu lassen/aufzuschieben.
Spürst du (Vor-)Freude? Dann bloß nicht auf das Stimmchen von oben hören! Diese Hyäne wird heute nicht zum Zug kommen.
Letztlich ist es egal, was du spürst.
Wichtig ist, dass du in dich hineinhörst und annimmst, was dir entgegenkommt.
Aufschieberitis ist nicht heilbar, denke ich. Aber eindämmen lässt sie sich.
Auch das ist auch eine Form der Selbsterkenntnis.
Und ein großer Schritt in die richtige Richtung.
Was sagst du dazu? Stimmst du mir zu?
Oder hast du vielleicht sogar deinen ganz eigenen Anti-Aufschieberitis-Tipp, den wir alle kennen sollten?
Jolly says
Einfach nur… wow! Ich bin mächtig stolz auf dich – ich meine allein schon die Bewerbung so ausfallend zu gestalten und dann den Link vom eigenen Blog mitsenden… das erfordert sehr viel Mut und Überwindung. Daher liebe ich einfach solche Berichte wie deinen, die zeigen, dass sich Überwindung eben lohnt. Und wenn man die Erfahrung erstmal gemacht hat, dann fühlt man sich noch motivierter und einfach happy! So ist es zumindest bei mir. Denn das zeigt doch einfach nur, dass man mit etwas was man gerne macht, sie es nur ein Hobby, auch einiges erreichen kann.
Gratuliere dir zu deinem neuen Job, du hast es dir wirklich verdient!
Zum Herz-/Bauchgefühl: Ich kenne das. Sehr gut. Mein Bauchgefühl hat immer recht. Ich hatte einfach das Problem, dass ich es nie richtig erkannt habe. Dadurch bin ich in Situationen geraten, die ich hätte vermeiden können und dachte dann einfach nur – ich habs doch gewusst! Und das ist dann nicht einfach nur eine Aussage, weil man’s nunmal einfach so sagt. Ich habe es wirklich gewusst und einfach nie wahrgenommen. Darum lasse ich mir bei wichtigen Entscheidungen mehr Zeit, um in mich hineinzuhören (oder versuche es zumindest – wie du schon sagtest, es gibt leider kein Rezept und das macht es nicht immer leicht). Und da ich nun öfters meinen Kopf ignoriere und mein Herz machen lasse, bin ich auch um einiges glücklicher.
Das alles motiviert und je mehr Erfolge alles bringt, desto motivierter sind wir Menschen. Und ich denke Motivation ist ein sehr gutes Medikament gegen die Aufschieberitis! Ich finde es toll wie du dich dagegen wehrst und nun auch immer mehr einfach nur auf dein Gefühl hörst – und dadurch sogar an eine neue Stelle gekommen bist! Lass dich bloss nicht aufhalten und go for it 😀
Chrissi says
DANKE! Sowas zu lesen macht mich total happy! Da weiß ich, dass ZENtreasures nicht nur einen Sinn für mich persönlich hat, sondern auch Anderen hilft.
“Dadurch bin ich in Situationen geraten, die ich hätte vermeiden können und dachte dann einfach nur – ich habs doch gewusst!”
Das kann ich so gut nachvollziehen! Man muss ja erstmal verstehen, dass man auf sein Herz/sein Bauchgefühl hören KANN. Es dann auch zu tun, ist nochmal eine ganz andere Sache. Wie du schon schreibst, meist was man es wirklich, aber nimmt es nicht wahr. Oder ignoriert es.
Aber lässt man es endlich zu, dann passieren die guten Dinge auf einmal. Ich glaube, wenn man das erkannt hat und auch wirklich erlebt, lernt man ganz von selbst, auf das Herz zu hören.
Es ist einfach immer wieder schön, sich mit dir auszutauschen! <3